Sangiovese
Die Welt ist manchmal so ungerecht: Alle haben schon einmal von ‚Chianti‘ oder ‚Chianti classico‘ gehört. Und vielleicht auf letzteren Flaschen den typischen schwarzen Hahn (Gallo nero) wahrgenommen. Aber was in der Flasche drin ist, hat sich noch nicht so weit herumgesprochen: die Rebsorte Sangiovese. Sie ist verantwortlich für das klassische italienische Rotwein-Gefühl mit animierenden Fruchtnoten nach Kirschen und Pflaumen, Blumenduft nach Veilchen und kräftigen Anteilen, die an Erde, Leder und Gewürze erinnern.
Drei, die zusammengehören: Sangiovese, Chianti, Toskana
Ein Sangiovese kein Typ, der bleierne Schwere verbreitet, sondern immer – trotz aller oft vorhandenen Intensität – ein Rotwein, der Lebendigkeit versprüht. Der Name soll sich angeblich vom lateinischen ‚Sanguis iovis‘ herleiten, das Blut des Jupiters, was zu seiner frischen Art eigentlich gar nicht passt. In ganz Italien ist Sangiovese die am meisten angebaute Rebsorte – in der Toskana ist diese Dominanz noch deutlicher.
Weinregeln schon im Jahr 1875
Dieser von den Nordeuropäern so geliebte Landstrich mit den Städten Florenz und Siena im Mittelpunkt gehört zu den ältesten Weinregionen Europas. Denn schon lange vor den Römern bauten die Etrusker hier Wein an. Sehr früh gab sich das Chiantigebiet – das Herz der Toskana – Regeln für den Weinbau. Federführend war dabei Baron Bettino Ricasoli, der im Jahr 1875 folgende Empfehlung abgab: Ein Chianti solle zu rund drei Vierteln Sangiovese enthalten – trotz vieler Anpassungen im Detail: an diesem Chianti-Grundgesetz hat sich bis heute nichts geändert.
Atemberaubende Entwicklung der Qualität
Geändert hat sich allerdings gewaltig das heutige Image des Sangiovese, jedenfalls verglichen mit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, als Chianti in bauchigen Flaschen im Bastmantel von Italien über die Alpen geschafft wurde. Diese Flasche heißt im italienischen ‚Fiasco‘ – natürlich verkündeten Spötter: genauso sei auch der Inhalt. Doch das ist lange her. Die Qualitätsentwicklung der sangiovese-basierten Weine Italiens war in den vergangenen 50 Jahren atemberaubend und diese Tropfen können mit den Topweinen der Welt locker mithalten.
Wie bei vielen anderen Rebsorten auch versteckt sich ein Sangiovese manchmal hinter anderen Namen: Wenn Sie einen Morellino di Scansano, Prugnolo Gentile oder ‚Brunello di Montalcino‘ im Glas haben, handelt es sich um Sangiovese. Aber Sie sollten auf keinen Fall auf den folgenden falschen Freund hereinfallen: Der ‘Vino Nobile di Montepulciano’ enthält mitnichten die Rebsorte Montepulciano, sondern – Sie ahnen es – Sangiovese.