Tempranillo
Dass sich Spanien zum wichtigsten Reiseland der Deutschen entwickelte, hatte auch Folgen in den hiesigen Weingläsern. Die kräftig-roten spanischen Rotweine mundeten nicht nur im Urlaub, sondern auch daheim. Ohne dass es auf dem Etikett steht, ist meist die Rebsorte Tempranillo verantwortlich für den Geschmack: Eine starke Frucht, die an Brombeeren, Heidelbeeren oder Holunder erinnern kann; dazu sehr würzig. Und wenn die Rebe in amerikanischen Eichenfässern reift, entwickelt sie gerne ein zartes Kokosaroma und eine sehr lange Haltbarkeit.
Überschaubar und hilfreich: Crianza, Reserva, Gran Reserva
Ein großer Vorteil für Weinfreunde ist die spanische Qualitätspyramide, die natürlich auch die meisten Tempranillos einbezieht. Sie orientiert sich an der Reife (span. Crianza). Ein Jungwein oder ‚Joven‘ reifte nicht oder höchstens 6 Monate im Holzfass. Eine Crianza verbrachte je nach Region sechs bis 12 Monate im Fass und anschließend 12 bis 18 Monate in der Flasche, sodass eine Reifezeit von insgesamt 24 Monaten gesichert ist. Die Reserva ruht 12 Monate im Holz und zwei Jahre in der Flasche; die Gran Reserva garantiert zwei Jahre Fass- und drei Jahre Flaschenreife.
Tempranillo bedeutet: ‚Die kleine Frühe‘
Tempranillo ist mit Abstand die wichtigste spanische Rotweinrebe mit fast 200.000 Hektar Anbaufläche (zum Vergleich: in Deutschland beträgt die gesamte Anbaufläche nur ca. 100.000 Hektar). Im wichtigsten spanischen Weinbaugebiet Rioja sind 70% der Fläche mit Tempranillo bestockt. Der Name ist sprechend und bedeutet ‚Der kleine Frühe‘, von temprano=früh, weil die Rebe im Vergleich zu anderen im Herbst als erste reif ist.
In Portugal heißt sie Aragonez oder Tinta Roriz
Doch nicht nur in der Rioja hat Tempranillo eine große Bedeutung, sondern auch in anderen spanischen Weinregionen – nur hat die Rebsorte je nach Gegend häufig einen anderen Namen: Zum Beispiel Cencibel (in La Mancha und Valdepeñas), Tinta del País (Ribera del Duero), Tinta del Toro (Toro), Ull de Llebre (Katalonien). Die spanischen Eroberer brachten Tempranillo während der Conquista bereits im 17. Jahrhundert nach Südamerika. Insbesondere in der argentinischen Region Mendoza gibt es nennenswerte Bestände. Auch Portugal-Reisende trinken übrigens oft Tempranillo, ohne es zu wissen. Die im Nachbarland Spaniens gebräuchlichen Namen sind Aragonez und Tinta Roriz.
Über den Ursprung der Tempranillo wurde lange gerätselt. Eine scheinbar plausible Vermutung lautete, dass Zisterzienser-Mönche auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela Reben aus dem Burgund ins Riojagebiet mitbrachten. Doch es stellte sich 2012 heraus: Tempranillo ist eine Kreuzung der urspanischen Sorten Albillo Mayor und Benedicto.